Lexikon mit Fachbegriffen zu Baufinanzierung und Immobilien
Wertermittlung
Was ist eine Wertermittlung?
Wertermittlung ist der systematische Prozess zur Bestimmung des Wertes eines Objekts oder einer Sache. Dieser Wert kann sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie beispielsweise den monetären Wert (Verkehrswert, Marktwert), den Nutzwert für einen bestimmten Zweck oder die subjektive Bedeutung.
Wertermittlung bei Immobilien
Im Kontext von Immobilien dient die Wertermittlung dazu, den tatsächlichen Verkehrswert (Marktwert) und gegebenenfalls den Beleihungswert einer Immobilie festzustellen. Der Verkehrswert ist der Preis, der zum Bewertungszeitpunkt unter normalen Marktbedingungen für die Immobilie erzielt werden könnte. Der Beleihungswert ist ein vorsichtigerer Wertansatz, der von Kreditinstituten zur Berechnung der Beleihungsgrenze bei der Immobilienfinanzierung herangezogen wird.
Welche Arten von Wertermittlung bei Immobilien gibt es?
Für die Bewertung von Immobilien existieren verschiedene anerkannte Verfahren, deren Anwendung vom jeweiligen Zweck der Bewertung und den spezifischen Umständen der Immobilie abhängt. Die gängigsten Verfahren sind:
Vergleichswertverfahren: Dieses Verfahren ist das am häufigsten angewandte, insbesondere bei Eigentumswohnungen und Reihenhäusern. Es basiert auf dem Vergleich mit Verkaufspreisen ähnlicher, kürzlich veräußerter Immobilien in der näheren Umgebung. Lage, Größe, Zustand und Ausstattung der Vergleichsobjekte werden berücksichtigt und gegebenenfalls an die zu bewertende Immobilie angepasst.
Ertragswertverfahren: Dieses Verfahren kommt primär bei Renditeobjekten wie Mehrfamilienhäusern oder Gewerbeimmobilien zum Einsatz. Der Wert wird aus den erwarteten zukünftigen Nettoerträgen (Mieteinnahmen abzüglich Bewirtschaftungskosten) der Immobilie über einen bestimmten Zeitraum abgeleitet und auf den Bewertungsstichtag abgezinst.
Sachwertverfahren: Dieses Verfahren wird häufig bei selbstgenutzten Immobilien wie Ein- und Zweifamilienhäusern angewendet, kann aber auch zur Plausibilitätsprüfung bei anderen Verfahren dienen. Der Wert wird auf Basis des Bodenwerts (Wert des unbebauten Grundstücks) und des Gebäudewerts (Kosten für die Wiederherstellung des Gebäudes in seinem aktuellen Zustand, abzüglich altersbedingter Wertminderung) ermittelt.
(Direktes) Vergleichswertverfahren: (Anmerkung: Im vorherigen Text wurde "Verkehrswertschätzung" als häufigstes Verfahren genannt, was im Kern dem Vergleichswertverfahren entspricht.) Dieses Verfahren, wie oben beschrieben, basiert direkt auf Vergleichspreisen realisierter Immobilienverkäufe.
Indirektes Verfahren: Dieses Verfahren ist weniger gebräuchlich zur direkten Immobilienbewertung. Die im Text genannten Beispiele (Baupreise oder Kosten für vergleichbare Neubauten) fließen eher in die Berechnung des Gebäudewerts im Rahmen des Sachwertverfahrens ein oder dienen als allgemeine Marktindikatoren.
Jedes dieser Verfahren hat seine spezifischen Stärken und Schwächen, und ein qualifizierter Sachverständiger wählt das geeignetste Verfahren oder eine Kombination von Verfahren basierend auf der Art der Immobilie, dem Bewertungszweck und der Verfügbarkeit relevanter Daten aus.
Wie läuft eine Wertermittlung bei Immobilien ab?
Der Ablauf einer Immobilienwertermittlung umfasst typischerweise folgende Schritte:
Vor-Ort-Besichtigung (Inspektion): Ein Sachverständiger besichtigt die Immobilie gründlich, um relevante Daten zu erfassen, wie:
Größe (Wohnfläche, Grundstücksfläche, Nutzfläche)
Zustand (Bausubstanz, Modernisierungsgrad, Instandhaltungszustand)
Ausstattung (Qualität und Umfang der Sanitäreinrichtungen, Bodenbeläge etc.)
Besondere Merkmale (z.B. Balkon, Terrasse, Garten, Garage)
Lage (Mikro- und Makrolage, Infrastruktur, Umfeld)
Bodenrichtwerte (durch die Kommune veröffentlichte durchschnittliche Bodenwerte)
Datenanalyse und Recherche: Der Sachverständige wertet die gesammelten Daten aus und recherchiert Vergleichswerte für ähnliche Immobilien, Mietpreise, Baukostenindizes und andere relevante Marktdaten.
Anwendung des Bewertungsverfahrens: Basierend auf dem Bewertungszweck und den Charakteristika der Immobilie wählt der Sachverständige das geeignete Wertermittlungsverfahren (oder eine Kombination davon) und führt die entsprechenden Berechnungen durch.
Erstellung des Gutachtens: Der Sachverständige fasst seine Ergebnisse in einem detaillierten Gutachten zusammen. Dieses enthält die Wertschätzung der Immobilie sowie eine fundierte Begründung für die gewählten Verfahren, die getroffenen Annahmen und die berücksichtigten Faktoren.
Wie wird der Wert einer Immobilie berechnet?
Die Berechnung des Immobilienwerts hängt vom angewandten Verfahren ab:
Sachwertverfahren (für Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser):
Bodenwert: Grundstücksgröße x Bodenrichtwert
Gebäudewert: (Kubikmeter umbauter Raum x Baukosten pro Kubikmeter) - (Alter des Gebäudes x jährliche Wertminderung)
Sachwert: Bodenwert + Gebäudewert + Wert der Außenanlagen
Ertragswertverfahren (für Mehrfamilienhäuser):
Jahresrohertrag: Summe der jährlichen Kaltmieten
Bewirtschaftungskosten: Jährliche Kosten für Verwaltung, Instandhaltung etc.
Jahresnettokaltmiete: Jahresrohertrag - Bewirtschaftungskosten
Vervielfältiger (Kapitalisierungsfaktor): Abhängig vom Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer
Ertragswert: Jahresnettokaltmiete x Vervielfältiger + Bodenwert (ggf. abzüglich wertmindernder Faktoren)
Vergleichswertverfahren: Hier werden die Verkaufspreise vergleichbarer Objekte analysiert und unter Berücksichtigung von Unterschieden in Lage, Größe, Zustand und Ausstattung auf die zu bewertende Immobilie übertragen. Es erfolgt keine starre Formel, sondern eine qualitative und quantitative Anpassung der Vergleichswerte.
Was kostet eine Wertermittlung bei Immobilien?
Die Kosten für eine Immobilienwertermittlung variieren erheblich in Abhängigkeit von:
Art des Gutachtens: Ein einfaches Kurzgutachten ist günstiger als ein umfassendes Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB.
Umfang der Ermittlungen: Je mehr Details und Analysen erforderlich sind, desto höher die Kosten.
Verwendetes Verfahren: Aufwendigere Verfahren wie das Ertragswertverfahren können teurer sein als das Vergleichswertverfahren beiStandardimmobilien.
Honorarsätze des Sachverständigen: Die Honorare sind nicht einheitlich geregelt und können regional unterschiedlich sein.
Zusätzliche Kosten: Eventuell fallen Kosten für Grundbuchauszüge, Kartenmaterial, Auskünfte von Behörden oder spezielle Untersuchungen an.
Es ist ratsam, vor Beginn einer Wertermittlung mehrere Angebote von qualifizierten Sachverständigen einzuholen und die Kosten und den Leistungsumfang im Voraus klar zu vereinbaren.
Wertermittlung einer Immobilie im Falle einer Erbschaft
Die Wertermittlung einer Immobilie im Erbfall dient dazu, den steuerlichen Wert des Nachlasses zu bestimmen und ist relevant für die Berechnung der Erbschaftsteuer sowie für die gerechte Aufteilung des Erbes unter den Erben. Der Wert der Immobilie wird in der Regel zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers (Erbfall) ermittelt.
Für die steuerliche Bewertung im Erbfall werden häufig vereinfachte Bewertungsverfahren angewendet. Das Finanzamt kann jedoch auch ein umfassendes Verkehrswertgutachten verlangen, insbesondere bei komplexeren Immobilien oder wenn der angegebene Wert als unangemessen erscheint. Die im vorherigen Text genannten Wertermittlungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren) kommen auch hier zur Anwendung, wobei der Fokus auf dem Verkehrswert zum Stichtag des Erbfalls liegt.

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